OSRAM MB-A

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Zirka um 1976 wurde von Herrn Wallner die Drahtkugellagerbearbeitung (künftig DRAKULA) von Italien nach Neusäß verlagert. Herr Wallner war damals als Meister und Organisator im Maschinenbau Neusäß tätig. Da im MB-Ns bereits die Fertigung der Schaltkurven zentralisiert war, lag es nahe, nun auch das zweite Herzstück der Grundmaschinen hier zu bearbeiten.
Aus Italien wurde ein optischer Rundtisch beigestellt, das vorhandene Bohrwerk (Baujahr 1961)musste hierzu mit einem Senkrechtbohrkopf ausgestattet werden. Das hierzu benötigte Bauteil wurde von Herrn Wallner kurz entschlossen von einer Fräsmaschine umgebaut.
Die Bearbeitung mit HSS-Werkzeugen (zentrieren, vorbohren, aufbohren, ausdrehen) war sehr langwierig, eine optimale Kühlung der Werkzeuge nicht vorhanden. So musste nach jedem Bearbeitungsvorgang der Rundtisch manuell über die Optik in Position gebracht werden. Vor allem der letzte Arbeitsgang, das Ausdrehen auf Maß, musste ohne Unterbrechung durchgeführt werden, da eine gleichmäßige Temperatur der Werkzeugmaschine unabdingbar war.
Leider war trotz aller Sorgfalt der Teilungsfehler nicht immer gewährleistet, so dass eine Nacharbeit der Bohrungen notwendig wurde -> mit einem "Langloch" wurde der Fehler ausgeglichen.
Mit der Beschaffung des Bearbeitungszentrums Chiron FZ26L im Jahre 1987 wurde auch eine Fertigung der DRAKULA auf dieser Maschine geplant. Über die Firma Fibro wurden Angebote für einen Taktrundtisch eingeholt und ausgewertet. Eigentlich war die Bestellung für den Rundtisch bereits abgeschlossen, als von der Konstruktion der Wunsch auf ein 67-teiliges Drahtkugellager auftauchte. Somit war ein Taktrundtisch ausgeschlossen, ein Rundtisch mit direktem Meßsystem kam nun nur noch in Frage.
Inzwischen wurden von mir diverse Bearbeitungsversuche ohne Rundtisch unternommen. Da die Werkzeugmaschine über eine Innenkühlung der Werkzeuge verfügte, konnten moderne HM-Werkzeuge eingesetzt werden. Die Fertigbearbeitung der Bohrungen sollte mit einer neuen HM-Reibahle erfolgen. Vorgabe des Herstellers: Vorbearbeitung zur genauen Positionierung mit Ausdrehwerkzeug auf 1,5 mm Aufmass(!!), dann kam die Reibahle zum Einsatz. Es klang alles so unglaublich, aber die Genauigkeit der Abstände und der Bohrungsdurchmesser überraschte alle.
Das Problem, dass der Arbeitsbereich bzw. der Verfahrweg der Maschine für die DRAKULA-Bearbeitung unzureichend war, wurde durch eine Zwischenplatte gelöst.
Nun konnte die erste Bearbeitung am "Objekt" beginnen. Um das DRAKULA vor Verschmutzung und Kühlmittel zu bewahren, wurde der offene Bereich mit Silikon abgedichtet. Die Bearbeitungsfolge war wie folgt: Bohren ins Volle mit HM-Werkzeug, 2 mal Feindrehen, Reiben. Die ersten beiden Werkzeuge mit Drehzahlen über 2000 U/min. Alles passte super, nur zwischen der letzten und ersten Bohrung passte die Teilung nicht mehr. Aber warum???
Der Rundtisch wurde vermessen, jedoch konnte kein Fehler festgestellt werden. Die Lösung war dann eine mathematische Funktion. Da die Bearbeitung der Bohrungen nicht mittig zum DRAKULA erfolgen konnte, wurde im Winkel von 30 Grad zur Achsmitte gefertigt. Da nach der Bearbeitung im hohen Drehzahlbereich nun die HM-Reibahle mit 200 U/min erfolgte, kühlte die Maschine ab und der Turm kippte leicht ab. Diese Effekt führte zum Teilungsfehler zwischen Arbeitsbeginn und Arbeitsende.
Noch etwas lief schief: Leider ergab die Abdichtung durch Silikon einen negativen Effekt; die Essigsäure führte zu Rost am DRAKULA.
Also musste eine Abdeckhaube für die Bearbeitung konstruiert und gefertigt werden, natürlich für jede Baugröße separat. Die Fertigbearbeitung mit der Reibahle wurde durch ein Ausdrehwerkzeug mit speziellen Wendeplatten ersetzt. Um den Temperaturfehler zudem zu eliminieren, wurde bei der Bearbeitung der Bohrungen immer eine Position übersprungen und dann in der zweiten Bearbeitungsrunde ausgeführt.
Somit war eine sichere Fertigung der Bohrungen sichergestellt.
Damit aber war die Optimierung meinerseits nicht abgeschlossen.
Im nächsten Schritt wurde die NC-Steuerung des Rundtisches mit der Maschínensteuerung verknüpft. Nun gab die Steuerung des Rundtisches nach der Positionierung und Verriegelung einen Impuls an die Werkzeugmaschine zum Bearbeitungszyklus, diese wiederum einen Impuls nach Zyklusende an den Rundtisch. Somit war ein automatischer Ablauf sichergestellt.
Zudem wurden digitale Innenmikrometer beschafft, um die Prüfung der Bohrungen zu verbessern aber auch zu erleichtern. Die Vermessung der Achsabstände wurde durch ein Messgerät optimiert, das unabhängig vom Bohrungsdurchmesser arbeitet.
Bereits vor Jahren wurde durch die Form der Schaltkurven auf Nut im Arretierbereich geändert. (Übrigens ein VV von Herrn Stegmiller, Herrn Wallner und meinerseits) Eine höhere Genauigkeit der Grundmaschinen wurde erreicht, da ein Teilungsfehler des DRAKULA keine Auswirkung hat. Diese Form der Schaltkurven brachte zudem den Vorteil, dass unabhängig von der Gängigkeit (1 bis 3 gängig) das gleiche Rohteil verwendet werden konnte. Auch die Bearbeitungszeit der Kurve konnte enorm reduziert werden, da die Abwicklung der Kurvenbahn erheblich kürzer ist.
Dass natürlich auch Rollen und Rollenbolzen durch spezielle Hilfsmittel an Genauigkeit zulegten, sei nur noch nebenbei erwähnt.
So wurde eine Genauigkeit der Grundmaschinen um einen wesentlichen Faktor verbessert!

2017: Tja, leider ist dies alles Vergangenheit -> die Technik hat sich überholt, die Teilefertigung des Maschinenbaues ist auf ein Minimum geschrumpft!